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Pferde im Winter - von Thermoregulation bis Deckenauswahl

  • Jeannette Rohner
  • vor 6 Tagen
  • 3 Min. Lesezeit

Der Winter stellt Pferde vor besondere Herausforderungen – sinkende Temperaturen, Nässe, Wind und wechselnde Haltungsbedingungen beeinflussen die Wärmeproduktion und Wärmeverlust. Pferde müssen ihre Körperkerntemperatur konstant halten, um eine Unterkühlung zu vermeiden. Die Fähigkeit zur Thermoregulation hängt von Alter, Fell, Energieversorgung und Haltungsbedingungen ab.


Pferde im Winter - von Thermoregulation bis Deckenauswahl

Klimafaktoren und Mikroklima

Die Thermoregulation wird nicht nur von der Lufttemperatur beeinflusst. Wind, Regen, Luftfeuchtigkeit und Sonneneinstrahlung spielen eine entscheidende Rolle. Besonders herausfordernd ist die Kombination aus Nässe und Wind, da nasses Fell teils seine isolierende Wirkung verliert.

Es gibt sogenannte untere kritische Temperaturen, welche je nach Alter variieren. Erwachsene Pferde können Temperaturen bis -15°C tolerieren, während Fohlen bereits ab 18-22°C empfindlich reagieren.


Mechanismen der Wärmeabgabe und Wärmeproduktion

Pferde nutzen physiologische, morphologische und verhaltensbasierte Mechanismen, um Wärme zu erhalten:

  • Verhalten: Schutz suchen, vom Wind abwenden, Bewegung anpassen, Zusammenstehen in der Herde

  • Isolation: Winterfell wird dichter, Unterfell bildet sich, Haare stellen sich auf (Piloerektion) und Luftschichten isolieren. Die Vasokonstriktion (Verengung Blutgefässe) reduziert den Wärmeverlust in Extremitäten, während der Rumpf und die wichtigen Organe geschützt bleiben.

  • Stoffwechsel: Die Wärmeproduktion erfolgt durch Muskelarbeit in Form von Bewegung und Zittern. Zudem wird durch Fermentation im Dickdarm eine beachtliche Menge an Wärme produziert.

  • Vitalzeichen: Die Veränderungen sind bei Neugeborenen am deutlichsten – die Herzfrequenz steigt, die Atemfrequenz sinkt und der Stoffwechsel erhöht sich.


Ernährung und Energiebedarf

Die Energiezufuhr ist entscheidend für die Kältetoleranz. Studien zeigten, dass der Energiebedarf bei Temperaturen unterhalb der unteren kritischen Temperaturen etwa pro -°C um 2-2.5% steigt. Raufutter liefert dabei nicht nur Energie, sondern erzeugt durch Fermentation im Dickdarm zusätzliche Wärme. Neben Menge und Energiegehalt der Nahrung beeinflussen auch Zusammensetzung und Fütterungsrhythmus die Thermoregulation.


Stall, Unterstand und Management

Verglichen mit Pferden in der Wildnis, können wir mit direkten wichtigen Faktoren die Thermoregulation im Winter unterstützen.

  • Gut gestaltete Unterstände schützen vor Wind und Schnee und kann die Energieverluste um bis zu 20% reduzieren.

  • Trockener Boden oder Einstreu sorgen nicht nur für Komfort sondern reduziert den Wärmeverlust.

  • Decken sind zwar pauschal nicht notwendig, können aber bei älteren, kranken oder sehr schlanken Pferden sinnvoll sein. Wird ein Fell geschoren aus Trainingszwecken, werden Decken eher benötigt, sowie bei nassem Fell im Wind.

  • Ein nicht gefrorener Wasserzugang ist essenziell bei der Prävention von Koliken. Leicht temperiertes Wasser fördert eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme.


Notwendigkeit von Decken und Deckenwahl

Eine Decke ist für ein gesundes Pferd mit gutem Winterfell, möglichem Schutz vor Witterung und ausreichend Futter, nicht pauschal erforderlich. Entscheidend kann auch die sportliche Nutzung sein, denn Pferde, die gedeckt werden, entwickeln ein deutlich kürzeres Winterfell. In Folge wird ein Schwitzen reduziert. Folgende Tabelle enthält Empfehlungen zur Deckenwahl aus Studien und kann als ungefährer Rahmen genutzt werden. Individuelle Unterschiede in der zweiten Tabelle sollen dabei einbezogen werden.


Tabelle: Empfehlung Decke und Deckenstärke Pferd

Witterung / Bedingungen

Temperatur & Wetter

Empfohlene Füllmenge (g)

Geeignet für

Hinweise

Trocken, wenig Wind, normales Winterfell, Zugang zu Unterstand

+10°C bis -5°C, trocken

0 – 100 g (Regenschutz / leichte Decke)

Robuste Pferde, nicht geschoren

Fell soll arbeiten dürfen. Achtung: Leichte Decke kann Fellisolierung reduzieren.

Kalt, leicht feucht oder windig

0°C bis -5°C, leichter Regen/Schnee, Wind

150 – 200 g

Pferde mit dünnerem Winterfell, Senioren, geschorene Pferde

Gute Balance zwischen Schutz und Atmungs-aktivität.

Kalt, windig und/oder nass

-5°C bis -15°C, Schnee oder Regen + Wind

200 – 300 g

Geschorene Pferde, alte Pferde, sehr schlanke Pferde

Windstärke ist wichtiger als Lufttemperatur → eher höher decken.

Sehr kalt, starke Kälte oder hohe Windstärke

-15°C bis -25°C, trocken oder Schneetreiben

300 – 400 g

Geschorene Pferde, ältere Pferde, Pferde ohne Unterstand

Bei sehr tiefen Temperaturen tägliche Kontrolle von Sitz, Scheuerstellen, Feuchtigkeit.

Extrembedingungen / kein Unterstand

ab -25°C oder Sturm, Dauerregen/Schneeregen

400 g + ggf. Hals + wasserdicht

Alle Pferde in Haltung ohne Schutz

Unbedingt Windschutz schaffen.

Tabelle 2: Individuelle Unterschiede Decke und Deckenstärke Pferd

Faktor

Beobachten / Entscheiden

Fellqualität

Dicht & fettig = weniger Bedarf; fein & weich = mehr Bedarf

Körperkondition (BCS)

Mager = mehr Schutz; übergewichtig = weniger

Geschoren?

Geschoren = immer decken; nicht geschoren = situativ

Alter / Krankheit

Senioren + Cushing-Pferde brauchen oft früher Decke

Fütterung & Heuangebot

Mehr Raufutter = mehr körpereigene Wärme

Zugang zu Unterstand

Ohne Unterstand → Decke früher + wärmer

Fazit Pferde im Winter - Thermoregulation und Deckenwahl Pferd

Die Thermoregulation bei Pferden im Winter ist ein komplexes Zusammenspiel aus Verhalten, Isolation, Muskelaktivität, und Ernährung. Für Pferdebesitzer:innen bedeutet dies:

  • Ausreichende Fütterung mit genügend Raufutter und Energie

  • Schutz vor Nässe und Wind

  • Individuelle Notwendigkeit von Decken prüfen

  • Sicherer Zugang zu Wasser


Pferd im Winter - Thermoregulation bis Deckenwahl

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